Friedrich Einhoff – Herbst 2015

Figuren auf Zeit des Hamburger Künstlers Friedrich Einhoff.

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Vertraute Unbekannte auf Bilder gebannt

Noch nie gezeigte Arbeiten präsentiert die Griffelkunst-Vereinigung Otterndorf in der Stadtscheune. Unter dem neugierig machenden Titel „Figuren auf Zeit“ werden seit Sonntag Bilder des in Hamburg lebenden Künstlers Friedrich Einhoff (geb. 1936) gezeigt. In dessen Werk führte Prof. Dr. Ralf Busch, 1. Vorsitzender der Griffelkunst-Vereinigung, die über 70 Besucher am Sonntag in Anwesenheit dees Künstlers ein.

Geheimnisvoll wie der Ausstellungstitel sind auch die Bilder. Sie zeigen menschliche Gestalten, teils in Gruppen, manchmal vereinzelt; mal einen ganzen Körper, dann wieder als kleines Porträt nur einen Kopf. Alle Figuren sind individuell, aber anonym. Manche scheinen bei einer seltsamen Tätigkeit zu sein, andere wie in einer Bewegung erstarrt. Die Gesichter sind nicht erkennbar, teils wieder ausgelöscht oder übermalt, und doch hat man den Eindruck, ganz bestimmten Personen gegenüber zu stehen.

Es sind, mit Einhoffs Worten, die Abbildungen von „vertrauten Unbekannten“. So reduziert wie die Formen der Gestalten sind auch die Farben: Grautöne, Erdfarben, Braun und Ocker sind vorherrschend und vertsärken die geheimnisvolle, leicht melancholische Grundstimmung. Auf einem meist rauen Malgrund (grobes Leinen oder Nessel) lässt Einhoff seine Figuren wachsen mit Farbe, Kohle und Sand, ohne Vorzeichnung und nur aus der Erinnerung an alte Fotos aus seinem Archiv oder an Erlebnisse und Personen. Die Figuren werden immmer wieder verändert, übermalt, teilweise ausgelöscht, manchmal in einer Jahre später vorgenommenen Überarbeitung des Bildes.

Friedrich Einhoff beendet das Malen, wenn ein Zustand festgehalten werden kann, der ihn zu diesem Zeitpunkt richtig erscheint. Es entstehen so Bilder, bei denen die abgebildeten Personen und die Bildoberflächen übereinstimmen: ihre Verletzlichkeit und Vergänglichkeit, ein Entstehen und Vergehen. Es sind „Figuren auf Zeit“.

Gleichzeitig mit dieser Ausstellung wird im Erdgeschoss der Stadtscheune die von Klaus Wycisk betreute Herbstwahl der Griffelkunst-Vereinigung vorgestellt. Sie bietet wieder einen Überblick über aktuelle Positionen der Druckgrafik vom Holzschnitt bis zum Foto, dazu Buchkunst und ein Multiple. Es werden Arbeiten von neun Künstlern gezeigt, unter anderen die der international renommierten Künstler Richard Deacon, Stephan Balkenhohl und Thomas Scheibnitz.

Beide sehenswerten Ausstellungen sind noch bis zum 22. November in der Stadtscheune zu sehen. Es sind nur „Ausstellungen auf Zeit“.

(Nieder-Elbe-Zeitung von Mittwoch, dem 28. Oktober 2015; Text und Fotos: Rudolf Ziesing, Hamburg)

 

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