Synold Klein – Sonderausstellung Frühjahr 1992

Synold Klein

der fast alle Herstellungstechniken beherrscht und als Dozent an der Hochschule in Lüneburg noch heute die Studenten vorbildlich in künstlerische Techniken, insbesondere in die Druckgrafik und Radierung einführt, hat über Jahrzehnte mehr im Stillen gewirkt und nur selten an Ausstellungen teilgenommen.

Umso stolzer sind wir, daß sich Herr Klein bereit erklärt hat, im Otterndorfer Rathaus anläßlich des 45-jährigen Bestehens der Griffelkunst-Gruppe Cuxhaven/Otterndorf einen kleinen Querschnitt aus seinen Radierungen auszustellen.

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Synold Klein – Radierung III 86

Über den Künstler Synold Klein ist u. a. folgendes in seinem Ausstellungskatalog anläßlich seines 70. Geburtstages im Schwedenspeicher von Stade zu lesen:

Betrachtet man die bildnerischen Arbeiten von Synold Klein, so sieht man in ihnen die Errungenschaften der klassischen Moderne lebendig und erneuert. …

… In einer Arbeitsnotiz von Klein liest man: „Der weiße Grund ist Energie, die durch die graphischen Linien und Flächen seiner Ebene in einen vibrierenden Raum wandeln.“ Der weiße Grund ist nämlich nicht lediglich ein materiales Datum, das durch den Strich allererst eine Form aufgeprägt bekommt, sondern er ist selbst schon vermöge seiner materialen Papierqualität ein Geformtes. Indem der Strich in eine Spannung zum weißen Grund tritt, gewinnt dieser eine räumliche Dimension. Das Verhältnis von Figur und Grund kann sich immer auch umkehren. Das Schwarz wird dann der Grund, vor dem sich das Weiß als Figur abhebt. Figur und Grund sind im Wesen relationale Begriffe, sie unterliegen keiner Hierarchie und können ausgetauscht werden.

Seine grafischen Arbeiten, so sagt Synold Klein selbst, umkreisen das Problem von Licht und Dunkel. Das Licht läßt „Dinge“ sehen, ist also der ermöglichende Grund ihrer Sichtbarkeit. Andererseits ist die Sichtbarkeit ausgespannt zwischen den Polen der hellen Transparenz des Tages und der dämmernden Helligkeit des Morgens. Licht und Dunkel, Grund und Strich sind in Wahrheit dynamische Wechselbegriffe. „Auf den weißen Grund einen Punkt setzen, macht die Energie des Grundes sichtbar.“ So lautet eine Arbeitsmaxime von Klein.

Da Kleins Arbeiten insgesamt den Prozeß der Formwerdung zu ihrem Thema haben und nicht bloß schon gegebene Formgestalten nachbilden oder nachträglich verunklären, können sie „symbolisch“ auf die mannigfaltigen und vielgestaltigen Formprozesse in der Natur selbst verweisen. Für die Linie heißt das etwa: „Die Linien sind die Wege, Furchen, Rinnen, Rillen, Gräben im Stein, Metall, Holz, in der Haut. Spuren von Ereignissen, Taten, Erleiden. In den Gegenständen der Natur nehmen wir sie wahr, lassen uns von ihnen anregen, daß wir mit ihnen schwingen, uns ihrem Duktus hingeben, sie uns zu eigen machen, geistig auffüllen, erfühlen, erfahren, erfassen, Bilder und Zeichen wirken lassen.“

Man kann also allgemeiner sagen: Synold Kleins Arbeiten bezeugen ein modernes Künstlertum, sofern sie aus den elementaren Gegebenheiten des Bildes – der Farbe im Falle der Aquarelle, dem Strich im Falle der Zeichnung bzw. der Druckgrafik – einen visuellen Bildsinn entfalten. …

… Die Zeichnungen entfalten die polare und relationale Dynamik von Linie und Grund. Sie lassen die Kraft der Linie neu sehen.

(Zitat aus: Heinz Paetzold – Philosophische Reflexionen über Kunst heute. Zur bildnerischen Konzeption von Synold Klein.)

Wolfgang Werkmeister – Sonderausstellung Frühjahr 1991

„Die Bilder sagen das, was ich nicht sagen muß“

Griffelkunstausstellung von Wolfgang Werkmeister bis 9. Juni
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Speicherstadt Hamburg, aus dem Hamburg-Zyklus

Mit den Bildern von Wolfgang Werkmeister kann man sich in eine gegenständliche, aber auch in eine abenteuerliche Welt versetzen lassen. Der Radierer aus Hamburg ist „Star“ einer Sonderausstellung im Otterndorfer Rathaus, die am Pfingstsonntag eröffnet wurde. Die Griffelkunstvereinigung holte mit ihm nicht nur einen perfekten Griffel-Künstler an die Medem, sondern auch einen, den die Farben stören und der das Wesentliche im Hell-Dunkel-Kontrast sieht. Für die knapp 50 Arbeiten des Hamburgers hatten die Veranstalter sogar einige einige Umräumarbeiten im historischen Rathaus vorgenommen. Der Vorsitzende der hiesigen Griffelkunst-Vereinigung, Klaus Wycisk, hatte freie Wände für interessante Werke geschaffen. Der Hausherr, Bürgermeister Hermann Gerken, ließ sich – obwohl „Mitveranstalter“ – nicht im Rathaus blicken. Kommentar des Vorsitzenden: „Er hat wohl mehr an Pfingsten als an Griffelkunst gedacht.“

Auch die Aufforderung an den Künstler, er solle seine Ausstellung selbst eröffnen, wurde mit einem lauten – aber launigen – „Nein“ abgetan. Schließlich sprechen die Radierungen denn auch für sich. Wolfgang Werkmeister war am Sonntag mehr darauf aus, seine Bilder von den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern interpretieren zu lassen. „Die Bilder sagen das, was ich nicht sagen muß“, versicherte er. Und weiter: „Sagen Sie doch lieber etwas dazu“, forderte er.

Über Bildergeschmack läßt sich bekanntlich streiten, Griffelkunst mag man oder auch nicht – eben hell und dunkel. Die meisterlichen Radierungen des Hamburgers zeugen allerdings von besonderer Sensibilität. Seine gegenständlichen Arbeiten sind ganz persönliche Interpretationen. „Farben würden mich nur stören.“ Ein Ausdruck seiner sinnlichen Wahrnehmungskunst sind denn auch seine Bilder aus dem Hamburg-Zyklus. Ob nun die Speicherstadt, Skateboardfahrer an der Binnenalster oder auch der Fischmarkt, treffender hätte man diese Szenen sicherlich nicht auf „Papier“ bringen können.

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Wo liegt nun das Geheimnis seiner Kunstwerke? „Ich nehme Kupferplatte, Kratzbürste, Spiegel, Pinsel, Wachs, Nadeln, Säure, Wasser, Papier, Pasten, Presse und eine seitenverkehrte Hirnhälfte.“ So einfach ist das!

Die begabte Aussagekraft liegt im feinen Abstrahieren seiner Arbeiten. Deshalb sind die Motive nicht selten mit üppigen Grautonabstufungen versehen.

Einen besonderen Stellenwert nehmen neben der Darstellung von Landschaften seine Stilleben-Arbeiten ein. Das „Tote Leben“ oder eine Blume, ein Teller mit Insekt oder auch sein Radierwerkzeug zählen dazu.

Im Durchschnitt werden von seinen Radierungen rund 100 Drucke gefertigt. Die Ausstellung läuft noch bis zum 6. Juni. Prädikat: Äußerst sehenswert! hei

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(Hadler Nachrichten, Dienstag, den 21. Mai 1991, hei, Foto: hei)

Herbert Grunwaldt – Sonderausstellung Frühjahr 1990

Im Rahmen der 257. / 258. Wahlausstellung im Frühjahr 1990 zeigte die griffelkunst-Gruppe Otterndorf im Ratssaal des historischen Rathauses in Otterndorf die erste Sonderausstellung „Druckgrafik und Zeichnungen“ des Hamburger Künstlers Herbert Grunwaldt (geb. 1928 – gest. 2014). Studiert hat er an der Hochschule für Bildende Künste am Hamburger Lerchenfeld bei Willy Titze, Wilhelm Grimm und vor allem bei Alfred Mahlau.

Sein künstlerisches Anliegen ist die surreale Romatik in klarer Zeichnung, wobei ihn der bildnerische Ausdruck der Dreißiger Jahre stark inspiriert. Die meisten seiner Bildthemen entstehen aus seinem innigen Verhältnis zur Natur und aus seiner Liebe zum Maritimen. In Grunwaldts kunstvoll gesponnenen Landschaften finden sich nicht selten Anklänge an Elfen und Feen. Auf seinen Windjhammern spuken die Meeresgeister. Charakteristisch für ihn ist auch eine ganz eigene vexierbildhaft erotische Ornamentik, die aus Seelenwanderungen in den Jugendstil entsprungen sein könnten. Einem völlig anderen Grunwaldt begegnet man in seinen Hamburg-Bildern. Es sind meist Reflektionen der Hafenstadt.

Grunwaldts bevorzugte Technik ist die Radierung. Seine Farbradierungen druckt er oft nur von einer Platte. Die außergewöhnliche Graphik-Begabung des Herbert Grunwaldt ist auch aus seinen überaus interessanten Aquarellen herauszulesen. Ob Zeichnung oder Aquarell – ein Grunwaldt ist immer bis ins Detail liebevoll und meisterlich gearbeitet.

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(Foto: NEZ vg)