„Die Bilder sagen das, was ich nicht sagen muß“
Griffelkunstausstellung von Wolfgang Werkmeister bis 9. Juni
Mit den Bildern von Wolfgang Werkmeister kann man sich in eine gegenständliche, aber auch in eine abenteuerliche Welt versetzen lassen. Der Radierer aus Hamburg ist „Star“ einer Sonderausstellung im Otterndorfer Rathaus, die am Pfingstsonntag eröffnet wurde. Die Griffelkunstvereinigung holte mit ihm nicht nur einen perfekten Griffel-Künstler an die Medem, sondern auch einen, den die Farben stören und der das Wesentliche im Hell-Dunkel-Kontrast sieht. Für die knapp 50 Arbeiten des Hamburgers hatten die Veranstalter sogar einige einige Umräumarbeiten im historischen Rathaus vorgenommen. Der Vorsitzende der hiesigen Griffelkunst-Vereinigung, Klaus Wycisk, hatte freie Wände für interessante Werke geschaffen. Der Hausherr, Bürgermeister Hermann Gerken, ließ sich – obwohl „Mitveranstalter“ – nicht im Rathaus blicken. Kommentar des Vorsitzenden: „Er hat wohl mehr an Pfingsten als an Griffelkunst gedacht.“
Auch die Aufforderung an den Künstler, er solle seine Ausstellung selbst eröffnen, wurde mit einem lauten – aber launigen – „Nein“ abgetan. Schließlich sprechen die Radierungen denn auch für sich. Wolfgang Werkmeister war am Sonntag mehr darauf aus, seine Bilder von den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern interpretieren zu lassen. „Die Bilder sagen das, was ich nicht sagen muß“, versicherte er. Und weiter: „Sagen Sie doch lieber etwas dazu“, forderte er.
Über Bildergeschmack läßt sich bekanntlich streiten, Griffelkunst mag man oder auch nicht – eben hell und dunkel. Die meisterlichen Radierungen des Hamburgers zeugen allerdings von besonderer Sensibilität. Seine gegenständlichen Arbeiten sind ganz persönliche Interpretationen. „Farben würden mich nur stören.“ Ein Ausdruck seiner sinnlichen Wahrnehmungskunst sind denn auch seine Bilder aus dem Hamburg-Zyklus. Ob nun die Speicherstadt, Skateboardfahrer an der Binnenalster oder auch der Fischmarkt, treffender hätte man diese Szenen sicherlich nicht auf „Papier“ bringen können.
Wo liegt nun das Geheimnis seiner Kunstwerke? „Ich nehme Kupferplatte, Kratzbürste, Spiegel, Pinsel, Wachs, Nadeln, Säure, Wasser, Papier, Pasten, Presse und eine seitenverkehrte Hirnhälfte.“ So einfach ist das!
Die begabte Aussagekraft liegt im feinen Abstrahieren seiner Arbeiten. Deshalb sind die Motive nicht selten mit üppigen Grautonabstufungen versehen.
Einen besonderen Stellenwert nehmen neben der Darstellung von Landschaften seine Stilleben-Arbeiten ein. Das „Tote Leben“ oder eine Blume, ein Teller mit Insekt oder auch sein Radierwerkzeug zählen dazu.
Im Durchschnitt werden von seinen Radierungen rund 100 Drucke gefertigt. Die Ausstellung läuft noch bis zum 6. Juni. Prädikat: Äußerst sehenswert! hei
(Hadler Nachrichten, Dienstag, den 21. Mai 1991, hei, Foto: hei)